Diese unsichtbaren Hürden sollten alle Frauen in Führungspositionen kennen und wissen, wie sie damit umgehen

Als junges Mädchen und Frau hatte ich nie das Gefühl in irgendeiner Form benachteiligt zu sein. Im Gegenteil, als eine von zwei Frauen im Maschinenbaustudiengang, wurde ich mit Aufmerksamkeit regelrecht überschüttet.

Auch im Berufsleben setzte sich dieses Erleben in ähnlicher Form fort. Und als ich den Weg zur Führungskraft einschlug, hatte ich sogar das Gefühl, meinen männlichen Kollegen gegenüber im Vorteil zu sein.

In unserem Unternehmen wurden (und werden immer noch) Nachwuchsführungskräfte stark danach ausgewählt, wie bekannt und sichtbar sie sind. Da liegt es auf der Hand, dass ich als eine der wenigen Frauen in der technischen Entwicklung bekannt war wie ein “bunter Hund” und sich das zunächst als Vorteil denn als Nachteil herausstellte.

Aus diesem Grund habe ich das Thema Gleichstellung und Chancengleichheit nie kritisch hinterfragt. Selbst als ich den Eignungstest zur Führungskraft, das Management-Assessment-Center, nicht bestand, habe ich den „Fehler“ zunächst bei mir gesucht und meine Selbstzweifel genährt.

Erst als ich mit zunehmender Führungserfahrung immer mehr das Gefühl hatte, ich komme irgendwie nicht weiter und kämpfe gegen Windmühlen, habe ich angefangen meine Situation zu analysieren und kritisch zu hinterfragen.

Frauen in Führungspositionen: Anspruch und Wirklichkeit von Chancengleichheit

Werfen wir einen kurzen Blick auf die Zahlen:

  • Frauenanteil aller Beschäftigten lag 2017 bei etwas über 46% und ist in 2018 noch leicht gestiegen (Quelle: Bundesagentur für Arbeit)
  • Frauenanteil in Führungspositionen in Deutschland lag 2018 bei 22,6% (Quelle: Statista)
  • Frauenanteil in den Vorständen der TOP200 Unternehmen in Deutschland 2018: 9% (Quelle: Statista)
  • Frauenanteil in Aufsichtsräten der TOP200 Unternehmen in Deutschland in 2018: 26,9% (Quelle: Statista)

Während fast die Hälfte aller Beschäftigten Frauen sind, ist der Frauenanteil an Führungspositionen weniger als ein Viertel und in einigen Branchen sogar noch geringer. Klammern wir die Zahlen für Aufsichtsräte einmal aus (für die gilt seit 2016 die Frauenquote), stellen wir fest, dass der Frauenanteil mit jeder Hierarchiestufe überproportional abnimmt.

Warum Frauen in Führungspositionen unterrepräsentiert sind

Es gibt sicherlich viele Gründe für den niedrigen Anteil an Frauen in Führungspositionen. Angefangen bei der Kinderbetreuung über flexible Arbeitszeitmodelle bis hin zur Wahl des “richtigen” Studiengangs.

80% der Führungspositionen werden mit Absolventen der Wirtschafts-, Ingenieur- und Naturwissenschaften besetzt, 25 % der Absolventen dieser Fächer sind inzwischen weiblich.

Ich werde an dieser Stelle keinen umfassenden Überblick über ALLE mögliche Ursachen geben. Ich will vielmehr auf einen Aspekt besonders eingehen, der aus meiner Sicht in den Mantel der Verschwiegenheit gehüllt wird: die “Gläserne Decke”.

Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend hat das Institut Sinus Sociovision GmbH in Heidelberg mit einer Studie zu Frauen in Führungspositionen beauftragt. Das Ergebnis ist ein mehr als 80 Seiten starkes Dokument, das mir in vielerlei Hinsicht die Augen geöffnet hat. Es wurden u. a. in einer diskreten sozialwissenschaftlichen Befragung 40 Männer im Management interviewt. Dabei wurden ihnen folgenden beiden Leitfragen gestellt:

  • Wie sehen männliche Führungskräfte die Entwicklung von hoch qualifizierten Frauen auf dem Weg zu Führungspositionen?
  • Woran liegt es ihrer Beobachtung nach, dass weiterhin mehrheitlich Männer die Führungspositionen bekommen?

Als Quintessenz dieser Befragung gingen drei Mentalitätsmuster seitens der Männer hervor:

Mentalitätstyp Erläuterung Mentalitätsmuster
Konservativ eingestellte Männer, die Frauen in Führungspositionen allein wegen des Geschlechts ausschließen (es jedoch niemals offen aussprechen würden) Frauen kennen und akzeptieren die eingespielten Regeln und Logiken in den obersten Führungsetagen nicht. Sie sind ein Störfaktor im effizienten Räderwerk der konservativen Wirtschaft. Frauen treten als verbissene Einzelkämpferinnen auf und können das operative Tagesgeschäft nicht loslassen.
Männer mit emanzipierter Grundhaltung, die Frauen in Führungspositionen gegenüber grundsätzlich offen sind, für die jedoch Rollenzwänge von Frauen im Konflikt zu den Anforderungen der oberen Führungsetagen stehen. Die für Top-Management und Vorstand nötige Härte passt nicht zum gängigen Rollenbild von Frauen. Frauen sind chancenlos bei männlichen Machtritualen. Frauen, die Härte zeigen, können das Unternehmensimage schädigen.
Männer mit individualistischer Grundhaltung, für die das Geschlecht spielt keine Rolle spielt und die der Meinung sind, es gäbe nicht genügend Frauen, die sich auf eine Führungsposition bewerben Mangel im Markt an „authentischen & flexiblen Frauen“. Frauen entscheiden sich eher für Familie statt für Karriere. Frauen kopieren Männern in Gestik und Verhalten und wirken somit nicht authentisch.

Als ich den Bericht das erste Mal gelesen habe, war ich völlig von den Socken, dass es so viele (unausgesprochene) Vorbehalte gegen uns Frauen in führenden Positionen gibt.

Positiv ist, dass es immerhin zwei Mentalitätstypen gibt, die für die gleichberechtigte Teilhabe von Männern und Frauen an Führungspositionen sind. Aber auch bei diesen häufen sich Argumente, die gegen Frauen im Management sprechen. Alles in allem bilden diese drei Mentalitätsmuster im Zusammenspiel einen Schließmechanismus, den Frauen nur vereinzelt durchbrechen können.

Probleme von Frauen in Führungspositionen

Die Untersuchung des Institut Sinus Sociovision GmbH zur Gläsernen Decke fokussiert sehr stark das Phänomen, warum Frauen bei Besetzungen von Führungspositionen oft nicht als passende Kandidatin in Betracht gezogen werden. Ich persönlich habe für mich allerdings noch andere Erkenntnisse daraus gewonnen: diese drei Mentalitätsmuster erschweren uns Frauen den Führungsalltag ungemein. Das kann folgendermaßen aussehen:

  • in Meetings wird auf deinen Redebeitrag nicht eingegangen und einfach weiter diskutiert als ob Du nichts gesagt hättest
  • deine Mitarbeiter machen was sie wollen und nicht, was Du ihnen sagst
  • Deine Konzepte und Ideen werden nicht zur Umsetzung genehmigt
  • Du hast das Gefühl ständig “unter Beobachtung” zu stehen und nichts was Du tust, ist gut genug
  • Du bekommst häufig das Feedback Deines Chefs oder Deiner Kollegen, Du wärst nicht souverän oder sichtbar genug

Die sogenannte “Gläserne Decke” kommt in vielerlei Gewand daher. Das waren beispielsweise alles Situationen, die mir den Arbeitsalltag schwer gemacht haben und mich oft mit dem unangenehmen Gefühl nach Hause gehen ließen, ich hätte mal wieder nichts geschafft.

Selbst wenn Du die Gläserne Decke durchbrechen konntest und mit den „großen Jungs“ am Tisch sitzt, ist es oft so, als wärst Du nicht da. Oder Du wirst skeptisch beäugt und Deine Souveränität wird jedes Mal aufs Neue auf die Probe gestellt. Das frustriert, erzeugt Druck und ist nicht selten die Ursache für Stress und Burn-out.

Erst als ich diese Studie des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gelesen habe, begann ich allmählich die Zusammenhänge zu verstehen. Das größte Problem ist, dass wir uns gleich fühlen, es aber nicht sind. Wir nehmen diese ungeschriebenen Verhaltensregeln (unbewusst) wahr und wollen uns anpassen, doch leider geht der Schuss dabei nach hinten los. Und wir haben Probleme in unserer Führungsrolle ohne deren eigentliche Ursache zu kennen.

Meine 7 Schritte Strategie, mit der ich es geschafft habe, mehr Leichtigkeit in meinen Führungsalltag zu bringen

  1. “Erkenne und akzeptiere Deine Situation”
    Du kannst es drehen und wenden wie Du willst: solange Du die einzige Frau in einem Team mit mehr als vier Männern bist, gehörst Du zur Minderheit. Die Führungskräfte in einem Unternehmen sind eine Gruppe wie jede andere Gruppe auch. Es gibt (ungeschriebene) Normen, die regeln, was üblich ist und was als “normal” gilt. In den Führungsetagen der meisten Unternehmen haben sich diese Normen häufig ohne die aktive Teilhabe von Frauen entwickelt. Und nun dringen wir Frauen in diesen “Kreis” vor. Es ist ganz natürlich, das wir auf Widerstände stoßen. Forscher fanden heraus, dass eine Gruppe eine Minderheit erst dann akzeptiert, wenn diese etwa 30 Prozent ausmacht.

  2. “Lege Dir eine optimistische Grundhaltung zu und nimm es mit Humor”
    Bewerte Deine Situation neu und fokussiere den positiven Aspekt dabei. Die Tatsache, dass wir die Männer eben nicht kopieren dürfen gleichzeitig aber auch nicht das klassische Rollenbild der Frau bedienen wollen, bedeutet, dass wir Vorreiterinnen für ein völlig neues Frauenbild werden. Und das können wir selbst gestalten. Das ist eine Herausforderung, die von uns besondere Aufmerksamkeit und Kreativität verlangt. Das ist doch großartig!

  3. “Denke in Lösungen und kämpfe nicht dagegen an”
    Es kostet nur Kraft, wenn Du Dich über die Männer und deren Verhalten aufregst. Glaube mir, ich habe das lange und ausgiebig getan, doch geändert hat es nichts. Es hat nur dazu geführt, dass meine Kreativität blockiert war und ich in Konfliktsituationen oft keinen Ausweg wusste. Beginne daher Achtsamkeit für Deine Gefühle und Grenzen aufzubauen und setze Methoden zur Selbststeuerung und -fürsorge ein. Reflektiere Deinen Lebensstil und Deinen Umgang mit Stress. Wie gut sorgst Du für Dein körperliches und geistiges Wohlbefinden? Wie gut gelingt es Dir, Dich zu fokussieren und Dich nicht in den Ablenkungen des Alltags (Smartphone, TV,…) zu verlieren?

     

  4. “Überprüfe immer neu deine eigenen Handlungsoptionen”
    Mit einer Einstellung, die von einer grundsätzlichen Hoffnung auf Änderung geprägt ist, kannst Du aktiv eigene Schritte für positive Einflussnahme (neue Verhaltensweisen, andere Perspektiven usw.) unternehmen. Versuche auch kleine Schritte in Richtung „Veränderung“ wertzuschätzen, suchen nicht nach „einer“ endgültigen, vermeintlich „richtigen“ Lösung, sondern probiere immer wieder „gangbare“ Wege und Ansätze aus. Fokussiere Dich auf Deine Stärken und mache Dir Deine Erfolge bewusst. Beginne ein Erfolgstagebuch zu führen, in dem Du die kleinen positiven Veränderungen festhältst.

     

  5. “Verlasse die Opferrolle und übernimmt Verantwortung”
    Übernimm Verantwortung für Deine Gedanken, Verhaltensmuster und Taten. Lege nicht förderliche Muster ab. Frage Dich: wie sehe ich die Frauen in meinem Umfeld? Welche Frau würde ich als Chefin akzeptieren und warum? Wie denkst Du über Frauen, die sich ganz der Karriere oder ganz der Familie widmen? Und ganz wichtig: übernimm ausschließlich Verantwortung für die Themen, die in Deinem Einflussbereich liegen. Wir sind allzu oft versucht, “die Anderen” ändern zu wollen – den Partner, die Kollegen, die Mitarbeiter – aber das liegt außerhalb unserer Kontrolle und manövriert uns auf direktem Weg in die Opferrolle.

     

  6. “Erlaube Dir, Hilfe anzunehmen und vernetze Dich”
    Du musst nicht alles alleine schaffen. Wirke dem Bild der Einzelkämpferin aktiv entgegen und suche Dir Personen, die Dir guttun und die Dich wachsen sehen wollen. Gehe in den Austausch mit Gleichgesinnten und Leidensgenossinnen. Nicht um zu schimpfen, sondern um Dich auszutauschen und Erfahrungen zu teilen. Du bist nicht die Einzige, der es so geht. Ganz sicher!

     

  7. “Verschaffe Dir Deine eigene Orientierung und plane Deine Zukunft”
    Wie die Statistiken zu Frauen in Führungspositionen zeigen, gibt es nur wenige Frauen, die Du Dir mit steigender Hierarchiestufe zum Vorbild nehmen kannst. Daher ist es wichtig, dass Du Dir Deine eigene Orientierung verschaffst. Das gelingt am besten, indem Du Dir Deine eigenen Visionen erarbeitest und Dir Deiner prägenden Wertvorstellungen bewusst wirst. Betrachte dabei Deine Zukunft – unabhängig von der Vergangenheit – als neue Chance und Möglichkeit. Setze Dir machbare Ziele und reflektieren diese immer wieder und passe sie, wenn nötig an. Und vor allem: Nimm Deine persönliche Entwicklung selbst in die Hand. Frage Dich: “wer will ich sein?”, “was will ich haben?” und “was will ich tun?”. Ausgehend von Deinen Antworten kannst Du Deinen persönlichen Entwicklungsplan ableiten.

Mein persönliches Fazit

Dringt man als Frau in die Männerwelt vor, dann reicht es nicht aus, “nur” gute Arbeit zu leisten. Zumindest dann nicht, wenn man den Anspruch hat, eine leitende Position zu übernehmen und die “Gläserne Decke” zu durchbrechen. Mindestens genauso wichtig, wenn nicht sogar noch wichtiger ist, sich mit der eigenen Persönlichkeit zu befassen. Wenn Dich das interessiert, dann trage Dich in meinen e-Mail-Verteiler ein und Du bekommst hilfreiche Tipps zu Deiner persönlichen Weiterentwicklung

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